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meine gesundheit 2/2014
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Von Flavian Cajacob
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Beat Brechbühl
Die Tage werden wieder länger, die Temperaturen klettern
in die Höhe. Ab also in die freie Natur, um sich zu bewegen,
um Sport zu treiben, zu wandern, biken, durch denWald zu
marschieren oder gemütlich über die Wiesen zu schlen
dern. Doch aufgepasst! Gleichzeitig mit dem Bewegungs
drang des «Homo Urbanicus» erwacht auch dessen selbster
nannte Freundin, die Zecke, aus der Untätigkeit. Sie lauert
mit Vorliebe im Unterholz und im hohen Gras auf ihre Op
fer – Tier wieMensch –, nach deren Blut es sie dürstet. Allein
der Stich der Zecke (Zecken stechen, sie beissen nicht, wie
oft angenommen) wäre kein Problem für einen ausgewach
senen Menschen, doch die fiesen Parasiten können über
ihren Speichel und Mageninhalt verschiedene Krankheiten
übertragen. Dazu gehört die Lyme-Borreliose und die
Frühsommer-Meningoenzephalitis, besser bekannt als
Hirnhautentzündung.
«Zeckenalarm» ist denn eine äusserst beliebte Schlagzeile,
mit der Boulevardmedien jedes Frühjahr Aufmerksamkeit
zu erregen versuchen. Angst wird geschürt, die Verunsiche
rung bei Herrn und Frau Schweizer ist gross, denn zur
Unwissenheit gesellen sich Desinformation und Ammen
märchen. Der Zürcher Arzt Norbert Satz gilt als der Zecken
spezialist in der Schweiz. Für ihn ist klar: Mit Zecken ist nicht
zu spassen. Gleichzeitig sollte aber auch nicht in Panik aus
gebrochen werden. «Wer ein paar grundlegende Regeln be
folgt, der kann sich sehr gut gegen Zeckenstiche schützen.»
Die Tipps reichen von einer guten Vorbereitung bis hin zum
effektiven Handeln, wenn ein Stich entdeckt wird (siehe auf
Seite 19).
Ab in den Tumbler!
Zecken sind gleichermassen verhasst wie faszinierend.
Denn, so Norbert Satz, ihr Dasein auf Erden ergibt eigent
lich keinen Sinn. «Nicht einmal die Zoologen haben heraus
gefunden, wozu die Tierchen gut sein könnten.» Ein ausge
wachsenes Weibchen legt bis zu 2000 Eier. Lediglich 2
davon schaffen es bis zur Geschlechtsreife und vermehren
sich. Während eines Saugvorgangs kann sich das Körpervo
lumen einer Zecke verfünffachen, aus einem 2 bis 4 Milli
meter grossen Pünktchen wird rasch ein über 1 Zentimeter
grosses Spinnentier mit acht Beinen und gehörig Grusel
potenzial. Und Zecken sind wahre Überlebenskünstler:
Tests haben gezeigt, dass sie eine 40-Grad-Wäsche in der
Maschine inklusive Schleudergang überleben. Selbst ein
ausgiebiger Tauchgang im Aquarium oder der 24-stündige
Aufenthalt im Tiefkühlfach scheint ihnen kaum etwas aus
zumachen. «Was Zecken hingegen todsicher eliminiert, ist
der Tumbler», sagt Norbert Satz.
Auf der Suche nach einer idealen Stichstelle sucht sich die
Zecke bewusst feuchte Körperregionen aus: Achselhöhlen,
Kniebeugen oder die Schamgegend beispielsweise. In der
Schweiz werden jährlich 3000 bis 5000 von Zecken verur
sachte Borreliosefälle registriert. Frühsommer-Meningoen
zephalitis (FSME) oder Hirnhautentzündung kommt im
Vergleich dazu 500-mal weniger häufig vor. Das gefürchtete
Virus verursacht zu Beginn Fieber, Glieder- und Kopf
Der Spezialist kann helfen
SindZecken wirklich so gefährlich, wie man immer hört?
Oder wird da ganz bewusstHysterie geschürt? Wir fragen einen,
der es wissen muss: Dr.Norbert Satz, dieZeckenkapazität.
Zecken
«Wer ein paar grundlegende
Regeln befolgt, der kann sich sehr gut
gegen Zeckenstiche schützen.»
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