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Gerade zu dieser Jahreszeit mit den kurzen
Tagen und wenig Sonnenschein kennen die
meisten von uns Gefühle der Niedergeschla-
genheit sowie Erschöpfung, bleierne Müdig-
keit und Unlust. Das ist eine normale Reaktion
auf vielerlei Einflüsse und gehört zum Alltag.
Wenn man aber definitiv nicht mehr der fehlen-
den Sonne oder dem Wetter die Schuld an ei-
nem Stimmungstief geben kann und dieses
zum Dauerzustand wird, zeigt der Körper an,
dass er Hilfe braucht. Die Übergänge zwischen
normaler Stimmungsschwankung und behand-
lungsbedürftiger Depression sind fliessend und
nicht klar abgegrenzt.
WIE ENTSTEHEN STIMMUNGS
SCHWANKUNGEN?
Die Ursachen depressiver Erkrankungen sind bis
heute nicht vollständig geklärt, da sie sehr kom-
plex und vielschichtig sind. Die Stimmungslage
wird von verschiedenen körpereigenen und äus-
seren Faktoren beeinflusst, und es spielen in
praktisch allen Fällen immer mehrere Faktoren
zusammen, die zu einer negativen Beeinflus-
sung der Stimmung beitragen. So gibt es di-
verse Ursachen für Stimmungsschwankungen
und Depressionen: Schwangerschaft, Wechsel-
jahre (bei Frau und Mann), neue Lebensab-
schnitte wie z.B. Pensionierung und viele ande-
re Auslöser können die Stimmung beeinflussen,
eine erhöhte Veranlagung dazu kann vererbt
werden, und nicht zuletzt können Stimmungs-
schwankungen auch als Nebenwirkung zahlrei-
cher Medikamente wie beispielsweise Betablo-
cker, Lipidsenker und Sexualhormone auftreten.
Im Herbst und Winter sind häufig der Lichtman-
gel und die verstärkte Produktion von Melatonin
(Schlafhormon) die Ursache. Durch die man-
gelnde Sonneneinstrahlung und die kurzen Tage
wird im Körper weniger vom Botenstoff Seroto-
nin gebildet. Serotonin wird im Volksmund auch
als Glückshormon bezeichnet. Durch die gedros-
selte Produktion fühlt man sich niedergeschla-
gen und antriebslos und ein gesteigertes Schlaf-
bedürfnis und vermehrter Appetit, sogenanntes
Frustessen, können auftreten. Nicht nur bei der
Lichtmangel-Depression, sondern auch bei al-
len anderen depressiven Erkrankungen gilt
es heute als gesichert, dass eine Veränderung
der Botenstoffkonzentration von Serotonin und
Noradrenalin, bzw. eine mangelnde Fähigkeit
des Körpers auf diese beiden Stoffe anzuspre-
chen, eine der zentralen Ursachen von Depres-
sionen darstellt.
STIMMUNGSSCHWANKUNG
ODER DEPRESSION?
Stimmungsschwankungen sind gegenüber der
Depression leichter in Symptomatik und Aus-
prägung. Depressionen zeichnen sich meist
durch eine sogenannte Stimmungseinengung
aus. Das heisst, dass eine mangelnde Fähigkeit
besteht, auf Trauer oder Freude oder andere
Reize zu reagieren. Übertriebene Sorge, Selbst-
isolation, Schuldgefühle, Ängste, tiefgreifende
Erschöpfung und Druckgefühle auf der Brust
können typische Symptome einer Depression
sein. Diese Aufzählung liesse sich fast beliebig
verlängern. Depressionen sind extrem vielfältig
in ihrer Art und oft schwierig in der Diagnose,
Traurigkeit und Niederge-
schlagenheit können
normale Reaktionen auf
Alltagsereignisse sein.
Droht jedoch die trübe
Stimmung zum Dauerzu-
stand zu werden, sollte,
falls nötig, Hilfe gesucht
und angenommen werden.
Die menschliche Stimmung gleicht dem Verlauf einer Achterbahn. Hoch und Tief wechseln sich
ab und dazwischen sorgen Loopings für Gefühlschaos. Gerät die Stimmung aber längerfristig aus
der Bahn, brauchen Körper und Seele Unterstützung, um wieder Fahrt aufnehmen zu können.
TEXT:
LUKAS MARON
DER BALANCEAKT
ZWISCHEN
HOCH UND TIEF